Alfons Keßmann ist Bürgerschütze mit Leib und Seele. 25 Jahre gehörte er dem Vorstand an, ist Träger des Großen Verdienstordens am grün-weißen Band, der höchsten Auszeichnung des Bürgerschützen-Vereins. Und er verfügt über die meiste Thronerfahrung im Gesamtverein, war Thronherr 1990 von Majestät Burkhard „Ronny“ König, 2004 von Georg Kesse und 2011 von Norbert Dühlmann. 2017 antwortete er noch auf die Frage, wann er denn selbst einmal nach der Königskette greife: „Bevor meine Frau Gabi Königin wird, mach ich das!“. Und so sollte es tatsächlich kommen. 2019 schoss sich der vermeintliche ewige Thronherr zum König und regiert seitdem gemeinsam mit seiner Königin Gabi Keßmann die Bürgerschützen. Ganz unverhofft geht er mit einer dreijährigen Regentschaft vermeintlich als „König für die Ewigkeit“ in die Vereinsgeschichte ein. Im Interview mit dem stellvertretenden Geschäftsführer Ralf Böhmer geben Gabi und Alfons Keßmann einen Einblick in die Gefühlswelt eines Regentenpaares, das gleich mehrfach in die Verlängerung gehen musste – und noch immer nicht amtsmüde ist.
Ihr habt bereits drei Könige als Thronpaar auf dem Hofstaat begleitet. Wie alt ist der Wunsch, selbst einmal den Vogel abzuschießen?
Alfons Keßmann: Der Wunsch war eigentlich immer da und es gab ja auch mehrere Anläufe. 1990 und in den 3 Jahren zuvor habe ich mit meinen Jugendfreunden gemeinsam geschossen bis Ronny König es geschafft hat. Auch 2011, im Königsjahr von Norbert Dühlmann, hatte ich selbst Ambitionen. Und nicht zuletzt noch 2018, als schließlich Uwe Rottenberg ein unfassbar spannendes Rennen für sich entscheiden konnte.
Gabi Keßmann: Und Alfons hat irgendwann klar gesagt, dass er kein viertes Mal Thronherr sein wollte. Wenn, dann König.
Drehen wir die Uhr zurück: Schützenfestmontag 2019, 14.18 Uhr. Wie war da die Gefühlslage?
Alfons: Da ich ja die letzten Schüsse alleine abgegeben habe, war ich schon froh, als der Vogel fiel. Aber auch stolz und für ein paar Augenblicke sehr ergriffen. In diesem Moment habe ich erst gemerkt, wie groß der Wunsch wirklich war, einmal Bürgerschützenkönig zu sein.
Was bleibt an Erinnerungen an dieses Königsschießen?
Alfons: Die Moderation durch Fritz Gembries und Stefan Altefrohne ist schon etwas ganz Besonderes für Aspiranten.
Gabi: Und noch mehr für die Zuschauer. Obschon Alfons zuletzt einziger Aspirant war, habe ich großes Mitfiebern bei den Menschen verspürt. Unglaublich viele haben sich mit ihm gefreut und ihm die Erfüllung dieses Herzenswunsches gegönnt.
Und dann: Hunderte haben euch im Festzelt auf der Theke zugejubelt und gratuliert. Wie war das für König und Königin?
Gabi: Ich habe erst begriffen, was da passiert, als wir schon auf der Theke standen und gefeiert wurden. Das war eine wahnsinnig emotionale Erfahrung. Eine Stunde, völlig zwanglos, wie in einer anderen Welt.
Alfons: Dieser unheimliche Zuspruch, den wir erfahren haben, auch schon während des Königsschießens. Diese vielen Menschen, die sich ehrlich mit uns gefreut haben. Diese unglaubliche Begeisterung – das sind Momente, die wir nie vergessen werden.
War diese Thronzeit auch ein Traum der Königin? Man munkelt, dass die Königin auch Ambitionen hatte..?
Alfons: (schmunzelt) Wir waren nah dran, dass die erste Frau Königin wird.
Gabi: Ich habe tatsächlich ein Mal geschossen. Als der Vogel sogar gewackelt hat, habe ich mir gedacht, dass ich das meinem Alfons nicht antun kann.
Als eure Amtszeit auf die Zielgerade einbiegen sollte, kam Corona. Und damit eine Verlängerung nach der nächsten. Wie habt ihr diese Zeit aus der Perspektive eines Schützen-Königspaares erlebt?
Alfons: Auch wir haben ja zu Beginn der Pandemie nicht im Traum daran gedacht, dass das Schützenfest ausfallen könnte. Als es dann doch so weit kam, war das schon ein komisches Gefühl. Das letzte Juli-Wochenende ganz ohne Schützenfest ist ja für den Durchschnitts-Freckenhorster unvorstellbar.
Gabi: Insgesamt war das trotz der vielen Ausfälle und Verschiebungen eine tolle Zeit. Denn wir hatten viele schöne Erlebnisse zwischen den Lockdowns – nicht zuletzt das Video von 2019, in dem uns unzählige Freckenhorster von ihrem privaten Fahnenhissen eine Grußbotschaft geschickt haben.
Eine dreijährige Amtszeit hat es bislang noch nicht gegeben. Für manch anderen König ist das Regentschaftsjahr wie im Flug vergangen. Manche sprachen von einem Sprint. War es für euch ein Dauerlauf, der Kondition und Durchhaltevermögen verlangt?
Gabi: Wir haben das nie als schlimm empfunden. Im Gegenteil: Die Thronzeit war sehr entspannt und wir haben viele schöne Dinge erlebt, die es in vermeintlich normalen Thronjahren nicht gibt. Zum Beispiel auch den Fahnenweltrekord. Da haben unsere Nachbarn allein unseren Hof mit fast 20 Fahnen geschmückt.
Alfons: Ein Jahr Thron ist einfach zu wenig, drei Jahre sind aber auch genug. Es ist eine große Ehre für mich, drei Jahre als Majestät angesprochen zu werden. Dennoch ist nicht das Hervorgehoben werden oder die Extravaganz das Wichtigste und Schönste an der Thronzeit. Sondern die Freude und Begeisterung und das Zusammensein mit Menschen. Dass das jetzt wieder möglich ist, ist doch ein großes Geschenk. Und darum können wir uns jetzt auch darüber freuen, diese Freude an den nächsten Thron weiterzugeben.
Eure Throngesellschaft: Was bedeutet diese Truppe für euch?
Alfons: Da fallen mir nur positive Attribute ein: Tolle Freunde, zuverlässig, unkompliziert: Wir waren uns in den drei Jahren bei allem immer schnell einig. Das macht vieles einfach. Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir viel Thronerfahrung auf dem Thron haben. Denn alle anderen machen das auch nicht zum ersten Mal.
Was waren eure schönsten Momente in den Regentschaftsjahren?
Alfons: Viele unglaublich schöne Erlebnisse: Der Festball am Montag nach unserer Krönung mit den vielen Gratulanten am Thron und der Feier auf der Bühne, der Fahnen-Weltrekord mit allem Engagement und aller Begeisterung für ein grün-weißes Wochenende ohne Schützenfest, die Feiern mit unseren Freunden vom Hoetmarer Thron und nicht zuletzt der diesjährige Königsball als ein erster Schritt zurück in die Normalität.
Gabi: Dazu kommt unsere große Freude über das riesige Engagement unserer Nachbarn, die direkt nach dem Königsschuss bereits den ganzen Hof geschmückt hatten. Und unserer Throngesellschaft, die für uns mehr als ein großer Rückhalt war und ist.
Auf was freut ihr euch mit Blick auf das Regentschaftsfinale am meisten?
Gabi: Insbesondere darauf, viele Menschen wieder zu sehen, die wir jahrelang nicht gesehen haben.
Alfons: Dazu die Highlights am Schützenfest. Die Schützenmesse, der Empfang am Schloss, das Ringen um unsere Nachfolge und natürlich den Sonntagabend im Zelt. Unseren Festball.
Was überwiegt aktuell: Vorfreude aufs Fest, die Aufregung oder Wehmut, dass es bald vorbei ist?
Gabi: Aufregung weniger, denn die hat sich in den Jahren gelegt. Vorfreude aber auf jeden Fall. Wir wissen, wie es werden könnte. Und wir wissen, dass es mit und dank unseres Throns bislang meistens sogar noch besser wurde.
Gibt es einen entscheidenden Tipp für Aspiranten 2022?
Alfons: Einfach machen, den Mut nehmen und nicht auf den „besseren“ Zeitpunkt warten. Und wenn es dann eine Frau wird, ist das noch außergewöhnlicher, als eine dreijährige Amtszeit. Dann haben wir eine Königin für die Ewigkeit.